Shrinking Cities Film ///

Zeughaus-Kino Berlin, Unter den Linden 2, 10117 Berlin-Mitte
14. bis 17. Oktober 2004

Kuratiert von Antje Ehmann in Kooperation mit dem Zeughaus-Kino

Die Reihe Shrinking Cities Film wird sich mit dem Gang-Film einem Genre widmen, in dem das Thema (Schrumpf)Stadt in unterschiedlichsten Schattierungen zur Darstellung kommt. Entlang der historischen Entwicklung des Genres werden wir Filme zeigen, die - Glanzlichter sowieso - sich insbesondere durch einen präzisen topographischen Blick und räumliche und soziologische Genauigkeit auszeichnen. Die Gang gilt fast immer als Indiz sozialer Dekomposition, die in einem ursächlichen Zusammenhang mit dem Stadtbild steht.


Programm /// Donnerstag, 14. Oktober 2004, 18.15 Uhr
Dead End, William Wyler, USA 1936, 93 Min., OF
Mit William Wylers "Dead End" von 1936 wird der Auftakt unserer Filmreihe zugleich das früheste Beispiel eines erstaunlichen Gang-Films sein. Wyler zeichnet den Clash der Kulturen von Arm und Reich an den Docks von Manhattan. In einer kunstvollen Studioanlage wird hyperrealistisch abgearbeitet, wie Kinderbanden in die Fänge eines berühmt-berüchtigten Gängsters "Baby Face" (Humphrey Bogart) geraten, der nach New York zurückzukehrt, um seine Mutter und Jungendliebe wiederzusehen. Die Reunion wird nicht stattfinden, dafür aber ein tödlicher Verfolgungskampf.

Donnerstag, 14. Oktober 2004, 20.30 Uhr
Germania Anno Zero (Deutschland im Jahre Null), Roberto Rosselini, ITA 1947/48, 78 Min., OF, dt.
Im zerstörten und korrumpierten Berlin der unmittelbaren Nachkriegszeit tötet ein mit Nietzsche-Ideen und NS-Gedankengut überfütterter Jugendlicher unter dem Einfluss seines homosexuellen ehemaligen Lehres seinen Vater und begeht Selbstmord. Rosselini verknüpft diesen Stoff mit der Schilderung des Lebens von Kindergangs in den Ruinen Berlins.

Donnerstag, 14. Oktober 2004, 22.30 Uhr
Los Olvidados (Die Vergessenen), Luis Bunuel, MEX 1950, 88 Min. dt. Fass.
Mexico City im Jahre 1950. Verwilderte, zerlumpte Kinder werden zu Kleinkriminellen, verwiesen in ein soziales Niemandsland. Bunuel schöpft seine surrealistischen Effekte aus der sozialen Wirklichkeit und dieser Realismus ist etwas ganz besonderes.

Freitag, 15. Oktober 2004, 18.15 Uhr
Berlin - Ecke Schönhauser..., Gerhard Klein, DDR 1957, 80 Min. OF, dt.
Die Hochbahn an der Schönhauser Allee ist Treffpunkt einer Gruppe Jugendlicher, die in Ost-Berlin leben und in das Kraftfeld des Ost-West-Gegensatzes geraten. Einer sucht auf der Straße die Freiheit, ein anderer ist auf der Flucht vor seinen Eltern, ein dritter liebäugelt mit dem Westen und stielt für eine Schmugglergruppe Personalausweise, um sich ein paar West-Mark zu verdienen.

Freitag, 15. Oktober 2004, 20.30 Uhr
Les Coeurs Verts (Grüne Herzen), Edouard Lunts, FR 1966, 95 Min, OF
Eine Gruppe Jugendlicher am Standtrand von Paris. Im Mittelpunkt zwei Blousons-Noir-Typen, die nach kurzer Haft wegen geringfügiger Delikte in ihre Clique zurückkehren. Dabei verfolgen sie unterschiedliche Lebens- und Überlebenskonzepte.

Freitag, 15. Oktober 2004, 22.30 Uhr
West Side Story, Robert Wise / Jerome Robbins, USA 1961, 146 Min., OmU
Mit der kühnen Übertragung des Romeo-und-Julia-Konfliktes in die Gegenwart des New York von 1960 behandelt "West Side Story" historisch vielleicht zum ersten Mal die Frage des Tribalismus als Gesellschaftsmodell. Wise und Robbins entfalten diese mythologisch-tragische Dimension des Migrationsdramas auf so kongeniale Weise, dass der Film bis heute nichts an Aktualität verloren hat. Die mythologische Dimension rechtfertigt auch die Länge des Films. Wir zeigen ihn - die Chronologie unterbrechend - als Late-Night-Show.

Samstag, 16. Oktober 2004, 15.30 Uhr
Switchblade Sisters (Die Bronx-Katzen), Jack Hill, USA 1975, 90 Min., OF
"Switchblade Sisters" gehört zu den Filmen, die Quentin Tarantino mit einer neuen Kopie in seinen Verleih "Rolling Thunder Pictures" aufgenommen und als ein erstaunlich frühes Beispiel postmoderner Genre-Komödien promotet hat. Es sei ihm gedankt. Die Überdosis an Klischees, schlechtem Schauspiel und schriller Selbstreferenzialität ist genauso sexy wie entgeisternd amüsant - ein einsames Licht in dem kleinen Kosmos der Girl-Gang-Filme.

Samstag, 16. Oktober 2004, 18.15 Uhr
The Warriors, Walter Hill, USA 1978, 90 Min., OF
In dem Kultklassiker "The Warriors" von 1978 ist inzwischen ganz New York sozial/rassisch segregiert und jedes Quartier wird von einer Gang kontrolliert. Der Film schildert die Ereignisse einer Nacht, in der sich tausende von Gangmitgliedern auf den Weg machen, um zu einer strategischen Beratung zusammenzukommen. Doch im Handumdrehen wird die Masse zersprengt und es beginnt eine Hetzjagd auf die "Warriors", deren Rückweg von der Bronx nach Coney Island zu einem atemberaubenden Parcour durch ein New York wird, das Nachts kein Zivil mehr kennt.

Samstag, 16. Oktober 2004, 20.30 Uhr
Escape from New York (Die Klapperschlange), John Carpenter, USA 1981, 99 Min., OmU
1997. Der Präsident der USA stürzt über Manhattan ab, das in der Hand von Verbrechern ist: eine akute Gefahr für den Weltfrieden, weil er eine Tonbandkassette bei sich hat, die den Atomkrieg verhindern kann. Ein Exsoldat und Gangster wird gezwungen, innerhalb von 24 Stunden Präsident und Tonband herauszuholen. Der Film überrumpelt mit großartigen Effekten. Entgeisternd wie der Broadway von aggresiven Randaliern kontrolliert wird, die wie die Ratten aus den Gulis klettern. Für das Schrumpfstadtthema ohnehin unumgänglich, hat Carpenter mit "Escape from New York" die Marke in der Geschichte des Genres gesetzt.

Samstag, 16. Oktober 2004, 22.30 Uhr
Deprisa, Deprisa! (Los, Tempo!), Carlos Saura, ESP / FR 1980, 98 Min., OmU
Eine Bande von Heranwachsenden in Madrid. Drei Jungen und ein Mädchen verüben brutale Raubüberfälle, wobei sie mit einer Leichtigkeit handeln, als seien sie in einem Tanzfilm. Die Jugend der Nach-Franco-Zeit agiert als hätte sie keine Vergangenheit. Auch Sauras Blick auf die baum- und traumlosen Vorstädte Madrids ist exessiv gegenwärtig. Zwei schwindelerregende Affirmationen.

Sonntag, 17. Oktober 2004, 15.30 Uhr
The Outsiders (Die Outsider), Francis Ford Coppola, USA 1984, 90 Min., OF
Die Outsider und Rumble Fish, beides Jugenddramen, sind im selben Jahr, kurz hintereinander entstanden. Coppola hat hier zwei bemerkenswerte und dabei völlig unterschiedliche stilistische Variationen der 50er-Jahre-Rebellen-Filme realisiert. In "The Outsiders" agieren Matt Dillon, Patrick Swayze und Tom Cruise als Ensemble lebendiger Zitate im goldenen Licht künstlicher Sonnenuntergänge.

Sonntag, 17. Oktober 2004, 21.00 Uhr
Rumble Fish, Francis Ford Coppola, USA 1984, 94 Min., OF
Als ein Post-Gangfilm müsste "Rumble Fish" eigentlich am Ende der Reihe stehen. Vielleicht zeigt jedoch die von uns bevorzugte chronologische Programmierung, wie hellsichtig Coppola hier gearbeitet hat. In "Rumble Fish" werden Namen, Orte und Gassen in einer Weise beschworen, dass sich magisch-mythisch das Phantasma einer "falschen Seite der Stadt" ergibt, ohne dass jedoch greifbar wird, was das "Richtige" wäre. Die vielen Konjunktive sind Referenz auf die Gangfilm-Geschichte genauso wie auf das real existierende Gangtum. Der Film entläßt einen mit Bildern von ziehenden Wolken und bunten Fischen, die sich in das melancholische Schauspiel von Mickey Rourke einpassen, als handele es sich um eine Welt, die genau nur so sein kann.

Sonntag, 17. Oktober 2004, 22.30 Uhr
La Vie de Jesus, Bruno Dumont, FR 1997, OmU
In einer ehemaligen Bergbauregion - die Häuser stehen noch, aber die Arbeit ist weg - schlägt eine Gruppe Jugendlicher, die von der Zukunft nichts zu erwarten hat, ihre Zeit mit Mopedfahren und Autoschrauben tot. Die Depressivität des Ortes atmet aus jedem Bild, dabei schafft es Dumont jedoch, noch in der kleinsten Banalität des Alltags ein Geheimnis aufscheinen zu lassen. Dieser Film zeigt als einziger der Reihe die Wirkung von Schrumpfungsprozessen in kleinstädtisch, dörflichen Gebieten.

So, 17. 10, 18-20 Uhr
Abschließende Podiumsdiskussion
Grüner Salon, Rosa-Luxemburg-Platz, 10178 Berlin.
Mit Diedrich Diederichsen (Poptheoretiker, Berlin), Harun Farocki (Autor/Filmemacher, Berlin), Claudia Lenssen (Filmwissenschaftlerin/ -journalistin, Berlin). Moderation: Antje Ehmann.
Die Podiumsdiskussion wird am 7. November 2004 von 0.05-1.00 Uhr auf DeutschlandRadio Berlin übertragen.


Karten /// Kinokasse: 030 / 20304 670 (Do. bis So. ab 17.30 Uhr)
Kinemathek DHM: 030 / 2030 4 421 (Mo. bis Fr. 10-18 Uhr)
Eintritt: 5 Euro




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